
Es war der Abend vor Weihnachten, und alles lief wie jedes Jahr perfekt in der Werkstatt des Weihnachtsmanns – zumindest fast. Die Geschenke waren verpackt, die Listen abgearbeitet, und der Schlitten stand bereit. Nur eines war anders: Die neun Rentiere des Weihnachtsmanns hatten sich alle gleichzeitig erkältet!
Rudolph, das Rentier mit der roten Nase, schniefte und nieste so laut, dass man es bis zur Werkstatt hörte. Dasher, Blitzen und Comet, die sonst für ihre atemberaubend schnellen Flugfähigkeiten bekannt waren, bekamen mit ihren verstopften Nasen kaum Luft. Cupid, Dancer und Vixen schnauften und husteten, als wären sie gerade einen Marathon gelaufen. Und Prancer, der sonst so elegante Gleiter, ließ schon wieder einen riesigen Nieser los, der ihm fast die Mütze vom Kopf fegte. Donners Stimme hörte man wie immer am lautesten – nur eben diesmal hustend und prustend.
„O nein, o nein!“, murmelte der Weihnachtsmann, während er die Situation begutachtete. „Wir haben keine Zeit für Erkältungen, wir müssen die Geschenke ausliefern!“ Er schnallte seine roten Handschuhe fest, klopfte den Rentieren sanft auf die Schultern und rief: „Hoch mit euch, Jungs! Heute ist Weihnachten, und da halten uns weder Schnee noch Schnupfen auf!“
Fünf von ihnen – Cupid, Dasher, Comet, Dancer und Vixen – schauten nur müde aus ihren fiebrig glänzenden Augen und schüttelten einhellig die schmerzenden Köpfe: „Nein, Weihnachtsmann, wir können wirklich nicht. Wir können ja nicht mal aufstehen. Wie sollen wir dann fliegen?”
Cupid bekam einen besonders heftigen Hustenanfall, während Dancer versuchte, seine letzten Kräfte zu mobilisieren und dem Weihnachtsmann zuliebe doch aufzustehen. Was dabei herauskam, war jedoch nicht sein gewohntes Tänzeln, sondern ein Taumeln und Straucheln, das die anderen erschrocken die Augen aufreißen ließ. Schnaufend ging Dancer wieder zu Boden und schüttelte den Kopf: „Tut mir leid. Es geht echt nicht.”
Der Weihnachtsmann zog besorgt die Stirn kraus: „Und wie soll ich nun die ganzen Geschenke zu den Kindern bringen?”
Da erhob sich Rudolph mit einem Nieser und krächzte: „Ich helfe dir.” Donner schloss sich mit einem dröhnenden Husten an: „Ich auch!” Blitzen und Prancer nickten nur, während sie sich schniefend vor den Schlitten stellten. Der Weihnachtsmann schaute dankbar, aber auch zweifelnd die tapferen vier Rentiere an und meinte: „Seid ihr sicher, dass ihr das zu viert schafft? Der Schlitten ist schwer und die Nacht wird lang.”
Rudolph und die anderen drei nickten. „Los, wir haben keine Zeit zu verlieren!”, sagte Blitzen, der es wie immer eilig hatte.
„Na gut, es wird schon irgendwie klappen“, murmelte der Weihnachtsmann, während er sich in den Schlitten setzte und die Zügel ergriff. „Los geht’s!“
Die Rentiere nahmen all ihre Kraft zusammen und schafften es tatsächlich, den schweren Schlitten mit dem Weihnachtsmann und dem riesigen Geschenkesack in Bewegung zu setzen. Nach kurzem Anlauf erhoben sie sich in den Nachthimmel – angetrieben von einem kräftigen Hatschi von Donner.
Eine Weile lief alles gut. In der klaren Luft fiel den Rentieren das Atmen leichter und keiner musste mehr niesen oder husten. Rudolph führte wie immer mit seiner leuchtenden Nase, die jetzt aber zusätzlich rot vor Erkältung glühte. Der Weihnachtsmann lächelte erleichtert – bis das Unheil begann.
Sie flogen über die Dächer der ersten Stadt, als Blitzen plötzlich eine Niesattacke bekam. Hatschi! Hatschi! Hatschi!, ertönte es, und jedes Mal, wenn Blitzen nieste, wirbelte der Schlitten wild in der Luft herum. Geschenke flogen aus dem Sack, und der Weihnachtsmann konnte gerade noch eine pinke Barbie-Puppe fangen, bevor sie auf eine Baustelle geplumpst wäre.
„Blitzen, meine Güte! Halt die Nase fest!“, rief der Weihnachtsmann und versuchte verzweifelt, den Schlitten wieder auf Kurs zu bringen.
Doch es war zu spät. Prancer, der direkt hinter Blitzen flog, begann ebenfalls zu niesen. Hatschi! Eine heftige Erschütterung fegte den Schlitten zur Seite und der Weihnachtsmann klammerte sich an die Zügel. Fast wären sie gegen den Glockenturm einer Kirche gekracht.
Der Weihnachtsmann rief verzweifelt: „Jungs! Notlandung!” Schwankend kam der Schlitten auf dem Kirchhof zum Stehen.
„Na super“, murmelte der Weihnachtsmann, während er eine Hausschuhverpackung aus dem Schnee fischte, die aus dem Schlitten gefallen war. „Das wird wirklich eine lange Nacht...“
Aber das war erst der Anfang. Rudolph, der tapfere Anführer, versuchte sich zusammenzureißen, doch mit der Zeit wurde es immer schwerer. Seine rote Nase leuchtete nicht nur, sie glühte jetzt wie eine Weihnachtsglühbirne. Und plötzlich verspürte auch er den unvermeidlichen Drang zu niesen.
„Rudolph, nein!“, rief der Weihnachtsmann. Doch es war zu spät. HATSCHI! Rudolph ließ einen gewaltigen Nieser los, und da geriet der Schlitten vollends außer Kontrolle. Sie schossen in die Höhe wie eine Rakete, drehten sich in der Luft, und der Weihnachtsmann musste sich fest an den Sack voller Geschenke klammern, damit sie nicht alle in den Himmel flogen.
„Hilfe!“, rief der Weihnachtsmann, während der Schlitten kopfüber über die Stadt sauste. „Das war nicht Teil des Plans!“
Zum Glück war der Weihnachtsmann ein geübter Flieger. Nach einigen holprigen Minuten gelang es ihm, den Schlitten wieder zu stabilisieren – gerade rechtzeitig, um sicher auf dem Dach des nächsten Hauses zu landen. Glücklicherweise war es ein Flachdach, sodass es keine Bruchlandung wurde.
Verschwitzt und etwas zerzaust stieg der Weihnachtsmann aus dem Schlitten. „Die Nacht kann ja nur besser werden“, murmelte er halb lachend, halb entsetzt. Während er den Sack durch den Kamin schob und hinterherkletterte, bemühte er sich, positiv zu denken.
Als er gerade das letzte Geschenk unter den Baum gelegt hatte, hörte er jedoch ein seltsames Geräusch von draußen: ein Hatschi – gefolgt von einem lauten Scheppern.
Der Weihnachtsmann eilte zum Kamin zurück und kletterte hektisch hinaus. Dort bot sich ihm ein chaotisches Bild: Die Rentiere niesten im Chor und der Schlitten lag schief auf der Seite im Schnee. Donner versuchte gerade verzweifelt, seine Mütze wieder aufzusetzen, die ihm davongeflogen war.
„Das kann doch nicht wahr sein!“, seufzte der Weihnachtsmann. „Ich hab schon einige turbulente Weihnachtsnächte erlebt, aber DAS toppt alles!“
Doch trotz der chaotischen Zustände ließen sich die Rentiere nicht unterkriegen. Mit vereinten Kräften und ein paar Schnaubern und Schniefern stemmten sie den Schlitten wieder auf die Kufen.
„Gut gemacht, Jungs“, sagte der Weihnachtsmann, als er wieder in den Schlitten kletterte. „Aber dieses Mal: Bitte niest nicht, bis wir gelandet sind!“
Die Rentiere nickten tapfer und flogen wieder in den Nachthimmel. Dieses Mal klappte alles – zumindest für die nächsten fünf Minuten. Denn kaum waren sie über die nächste Stadt geflogen, hörte man wieder ein HATSCHI und die wilde Achterbahnfahrt ging von vorne los.
Es wurde eine lange, sehr wackelige Weihnachtsnacht für den Weihnachtsmann, aber er gab nicht auf und die vier Rentiere hielten tapfer durch. Am Ende schafften sie es doch noch, alle Geschenke rechtzeitig zu verteilen – zumindest fast alle. Die pinke Barbie-Puppe fiel bei einem Looping gegen fünf Uhr morgens doch noch vom Schlitten und stürzte auf das Dach einer Apotheke.
„Da müssen wir nachher auch noch hin…”, murmelte der Weihnachtsmann nur kopfschüttelnd.